Vorwort1. Mose 1,24-31: Dann sprach Gott: "Die Erde soll alle Arten von Lebewesen hervorbringen: Herdenvieh und wilde Tiere und alles, was kriecht!" So geschah es. 25 Gott machte alle Arten von wilden Tieren, von Herdenvieh und von allem, was sich auf der Erde regt. Gott sah es an: Es war gut.

26 Dann sprach Gott: "Lasst uns Menschen machen als Abbild von uns, uns ähnlich. Sie sollen über die Fische im Meer herrschen, über die Vögel am Himmel und über die Landtiere, über die ganze Erde und alles, was auf ihr kriecht!" 27 Da schuf Gott den Menschen nach seinem Bild, er schuf ihn als sein Ebenbild, als Mann und Frau schuf er sie. 28 Gott segnete sie dann und sagte zu ihnen: "Seid fruchtbar und vermehrt euch! Füllt die Erde und macht sie euch untertan! Herrscht über die Fische im Meer, über die Vögel am Himmel und über alle Tiere, die auf der Erde leben!"

29 Gott sagte: "Zur Nahrung gebe ich euch alle samentragenden Pflanzen und alle samenhaltigen Früchte von Bäumen – überall auf der Erde. 30 Allen Landtieren, allen Vögeln und allen Lebewesen, die auf dem Boden kriechen, gebe ich Gras und Blätter zur Nahrung." So geschah es. 31 Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war tatsächlich sehr gut. Es wurde Abend und wieder Morgen – der sechste Tag.

 

Am sechsten Tag fällt auf, dass Gott wie am dritten Tag wieder zweimal spricht. Zuerst werden die Landtiere geschaffen und dann – deutlich davon abgehoben – der Mensch.

Zunächst könnte man es so verstehen, als ob Gott (im Sinn einer Evolutionstheorie) der Erde befiehlt, die Landtiere hervorzubringen. Aber schon der nächste Vers erklärt, dass Gott das Erschaffen nicht der Erde übertrug, sondern dass er wie in den vorangegangenen Tagen selbst handelte. Gott gestaltete die wilden Tiere und die, die dem Menschen einmal dienen würden und überhaupt alles, was sich selbst bewegen kann. Und er fand es gut, was er gemacht hatte.

Im letzten Teil des vorgegebenen Bibelabschnitts haben wir gelesen, dass Gott sowohl dem Menschen als auch allen Tieren der Erde pflanzliche Nahrung zuwies. 

Keine Raubtiere in der Welt

Wenn alle geschaffenen Wesen nur pflanzliche Nahrung zu sich nahmen, dann konnte es in dieser Anfangszeit keine Raubtiere geben. Es ist bemerkens­­wert, dass die Bibel von einem zukünftigen Reich des Messias ganz ähnlich spricht:

Jesaja 11,6: Dann ist der Wolf beim Lamm zu Gast, / und neben dem Böckchen liegt ein Leopard. / Kalb und Löwenjunges wachsen miteinander auf; / ein kleiner Junge hütet sie.

Jesaja 65,25: Wolf und Lamm weiden zusammen, / der Löwe frisst Stroh wie das Rind / und die Schlange wirklich nur Staub: / Sie werden nichts Böses mehr tun / und niemand mehr schaden auf meinem heiligen Berg, spricht Jahwe.

Für die Menschen änderte sich das nach der Sintflut, für die Tiere wohl schon vorher. In diesem Zusammenhang müssen wir uns der Frage stellen, wie aus einigen Pflanzenfressern Allesfresser oder sogar Fleischfresser (Raubtiere) werden konnten. Das hängt offenbar damit zusammen, dass ein Bruch in die Schöpfung hineinkam. Damit werden wir uns genauer in Kapitel 3 beschäftigen.

Zunächst bleiben wir beim Leben, das Gott erschaffen hat. Es ist möglich, dass Gott bei den Tieren von vornherein viele Pärchen von jeder Art machte, denn sprach dabei von einem Gewimmel. Bei der Erschaffung des Menschen, ging es in jedem Fall nur um ein Paar.

Vers 26 nimmt uns in eine innergöttliche Planung hinein, die von vornherein die Einzigartigkeit des Menschen betont. Gott sagt hier nicht: „Es soll werden!“, sondern sehr viel persönlicher: „Lasst uns machen!“ Das könnte man sich durchaus als eine trinitarische Beratung vorstellen.

Pflanzen und Tiere erschuf Gott „nach ihrer Art“, aber beim Menschen sagte er: „als Abbild von uns, uns ähnlich“. Gott ist sozusagen das Muster für unsere Person. Es ist, als ob er einen Augenblick innehalten und so ein Abbild von sich und seinem Wesen schaffen wollte.

Ob sich die Ähnlichkeit mit Gott auch auf unsere äußere Erscheinung bezieht, wissen wir nicht, obwohl in 1Mo 5,3 dasselbe hebräische Wort für Ähnlichkeit zwischen Adam und seinem Sohn Set gebraucht wird. Gewiss hat es nichts mit unserer körperlichen Beschaffenheit zu tun. Aber nichts sonst hat Gott nach seinem Bild geschaffen, nur den Menschen.

Und genau das macht die Würde des Menschen aus. Sie kann durch nichts anderes begründet werden als durch seine Ebenbildlichkeit mit Gott. Dem Begriff der Menschenwürde, wie er am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen bestätigt worden ist, liegt die Idee zugrunde, dass jeder Mensch allein schon durch seine Existenz wertvoll ist. So heißt es in Artikel 1:

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Gott schuf den Menschen als männlich und weiblich. Das müssen wir natürlich auch bei den Tieren voraussetzen, aber bei ihnen wird es nicht extra vermerkt. Für den Menschen bedeutet es offenbar, dass nur in der Ergänzung von Mann und Frau die ganze Gottesebenbildlichkeit liegt. Die Zweigeschlechtlichkeit gehört also unmittelbar zum Wesen des Menschen wie wir in Kapitel 2 genauer erfahren werden.

Noch etwas ist beim Menschen anders: Gott hat zwar auch Tiere mit Fruchtbarkeit gesegnet, aber die Menschen spricht er in seinem Segen der Fruchtbarkeit, Vermehrung und Herrschaft direkt an. Im Menschen hat Gott sich so ein Gegenüber geschaffen, das er ansprechen kann. Und allein ihm wird die Herrschaft über alle tierischen Lebewesen der Erde auf dem Land, in der Luft und im Wasser anvertraut. Der Mensch sollte sich auch auf diese Weise von allen anderen Geschöpfen unterscheiden.

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