Vorwort 1. Mose 2, 18-20: Dann sagte Jahwe-Gott: "Es ist nicht gut, dass der Mensch so allein ist. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm genau entspricht." 19 Jahwe-Gott hatte nämlich alle Landtiere und Vögel, die er aus dem Erdboden geformt hatte, zum Menschen gebracht, um zu sehen, wie er sie nennen würde. Genauso sollten all die Lebewesen dann heißen. 20 So hatte der Mensch dem Herdenvieh, den Vögeln und allen Landtieren Namen gegeben. Aber für sich selbst fand er nichts, was ihm als Hilfe entsprochen hätte.


In diesem Schriftabschnitt könnten die gängigen Übersetzungen zu der Frage verleiten, ob die Tiere im Gegensatz zu Kapitel 1 erst nach dem Menschen geschaffen worden wären. Dieser Reihenfolgekonflikt ist im hebräischen Text aber nicht zu finden. Im Hebräischen gibt es nur zwei Zeitformen. Der jeweilige Zusammenhang muss Klarheit schaffen, wie man sinngerechte übersetzen muss.[1] Deswegen sollte man hier nicht übersetzen: „Da bildete Jahwe Gott aus der Erde alle Tiere des Feldes …“, sondern: „Jahwe, Gott, hatte nämlich alle Landtiere …, die er …geformt hatte, zum Menschen gebracht ...“Denn der Vers 19 blickt auf den 5. Und 6. Schöpfungstag zurück.[2]

Gott hatte also die Tiere zum Menschen gebracht, um zu beobachten wie er sich ihnen gegenüber verhalten würde. Er hatte ihm nicht befohlen, ihnen Namen zu geben, es aber offensichtlich erwartet. Adam erfasste das Wesen der einzelnen Tiere sofort und rief ihnen deshalb entsprechende Namen zu. Und das wiederum macht deutlich, dass er einerseits seine Überlegenheit ihnen gegenüber begriff, andererseits aber feststellte, dass keins davon mit ihm verwandt oder gar ebenbürtig war. „Adam lernt als Erstes die Lektion, dass er sich grundsätzlich von allen anderen Tieren unterscheidet.“[3]

Unterschiede zwischen Mensch und Tier

Der prinzipielle Unterschied zwischen Mensch und Tier wurde in den letzten 200 Jahren immer mehr verwischt. Das hängt mit der sich stark ausbreitenden Weltanschauung des Naturalismus (= Materialismus) zusammen, die allein die Natur bzw. die Materie zum Grund und zur Norm aller Erscheinungen erklärt. Durch die darwinistische Evolutionstheorie erhielt sie einen kräftigen Schub und dominiert seitdem Politik, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft.

Doch schon die aufrechte Haltungdes Menschen unterscheidet ihn von den vierfüßigen und kriechenden Tieren. Die natürliche Haltung der Tiere lässt sie nach unten, zur Erde schauen. Der Mensch dagegen hält sich so, dass er aufwärts zum Himmel blickt.[4]

Interessant ist auch der menschliche Kehlkopf, zu dem es keinerlei Parallele im Tierreich gibt. Nur mit diesem Kehlkopf ist Sprechen möglich und nur so kann der Geist des Menschen sich entfalten und kommunizieren.[5]

Für den Naturalismus gibt es kein geeignetes trennscharfes Merkmal, um den Menschen vom Tier oder sogar von Pflanzen oder gänzlich unbelebten Dingen zu unterscheiden. Der Mensch wäre in letzter Konsequenz nicht mehr als ein physikalisches System wie alle anderen Dinge auch.[6]

Wer aber die Herkunft des Menschen und sein Verhalten aus dem Tierreich erklärt, kann nicht nur menschliche Phänomene wie Moral und Geist nicht erklären, sondern wird auch anfangen, die Würde des Menschen, wie sie sich aus seiner Ebenbildlichkeit mit Gott ergibt, einzuschränken. Eine Folge davon ist die Bejahung von Abtreibung mit der Behauptung, dass ein Mensch nicht Mensch von Anfang an ist. Eine andere Folge ist die Euthanasie, die Sterbehilfe für Menschen, bei der man befürchten muss, dass sie immer mehr zur Sterbenachhilfe mutiert. Wenn der Mensch nur als ein hochentwickeltes Tier betrachtet wird, kommt Anfang und Ende seines Lebens in die Gewalt von Menschen.

Im den westlichen Gesellschaften wurde ein Mensch bisher – in Anlehnung an Gottes Wort – gekennzeichnet durch die prinzipielle Fähigkeit zu Moralität, Freiheit und Rationalität.

Moralität

Ein Mensch hat moralische Überzeugungen, er hat ein Empfinden dafür, ob etwas Recht oder Unrecht ist. Sein Gewissen unterstützt ihn dabei. Er hat moralische Ansprüche an andere Menschen und an sich selbst. Der Mensch ist in der Lage seine Handlungen zu reflektieren, zu bewerten und zu beurteilen. Er verfügt über Schuld- und Verantwortungsbewusstsein. Der Mensch erkennt sich als Persönlichkeit, er hat die Fähigkeit „Ich“ zu sagen.

Tiere werden von angeborenen Instinkten gelenkt und können keine Entscheidungen zwischen Recht und Unrecht treffen. Sie haben kein Bewusstsein über sich selbst.

Freiheit

Ein Mensch ist frei, seinen Gründen, Argumenten und Wertüberzeugungen zu folgen. Ein Mensch kann also bewusst Entscheidungen treffen, die er durch vorheriges Nachdenken gewonnen hat.

Ein Tier folgt seinen angeborenen Instinkten und kann keinerlei Entscheidungen abwägen.

Rationalität

Ein Mensch kann vernunft- und zweckgeleitet denken und handeln. Er verfügt über schöpferische und erfinderische Fähigkeiten. Menschen können Sachverhalte lange voraus planen und dann ausführen. Menschen besitzen eine offene Sprache, sie können einfache und komplexe Sachverhalte untereinander kommunizieren. Ja, sie haben ein Verlangen danach, sich miteinander auszutauschen. Sie sind auch in der Lage, ihre Worte und Gedanken aufzuzeichnen.

Ein Mensch denkt über sein Dasein und den Sinn seines Lebens nach. Menschen sind religiös, sie glauben an Gott oder Götter und Idole oder auch an das Schicksal und verehren diese.

Tiere können nur in begrenztem Umfang miteinander kommunizieren, indem sie Signale austauschen, zum Beispiel um Artgenossen zu warnen oder anzulocken. Sie können nur auf situative Umweltreize reagieren.

Tiere haben keinen Sinn für höhere Wesen, Spiritualität und Religiosität. Sie bauen keine Tempel, Kirchen oder Moscheen. Und wenn sie gestorben sind, werden sie nicht von anderen Tieren bestattet.

Biblische Aussagen über das Verhältnis von Mensch und Tier

Gott hat Menschen ebenso wie Tiere aus der Erde geformt (1Mo 2, 7.19). Der Körper des Menschen besteht aus den gleichen Grundbausteinen wie der der Tiere. Deshalb werden Menschen und Tiere nach ihrem Tod wieder zu Staub.

Pred 3,18-21: Ich sagte mir: Es ist wegen der Menschen. Gott will sie prüfen, damit sie einsehen, dass sie selbst auch wie die Tiere sind. Denn Menschen und Tiere haben genau dasselbe Geschick. Die einen wie die anderen müssen sterben. Sie haben beide denselben Atem. Da hat der Mensch dem Tier nichts voraus, denn alles ist nichtig. Alle kommen an ein und denselben Ort. Aus dem Staub der Erde ist alles geworden, zum Staub der Erde kehrt alles zurück. Wer weiß denn, ob der Lebensgeist des Menschen nach oben steigt und der Lebensgeist der Tiere hinab in die Erde?

Der Mensch soll über die Tiere herrschen, was auch in der Namensgebung deutlich wird (1Mo 1,28; 2,20).

Der Mensch kann das Reden Gottes verstehen und mit ihm und mit anderen Menschen kommunizieren (1Mo 1,28; 2,16.23).

Der Mensch ist erkenntnisfähig. Er erkennt seinen Auftrag und seine Grenze, das Wesen der Tiere und das dem gegenüber völlig andere Wesen seiner Frau (1Mo 2,16.20.23). Der Mensch hat Vernunft im Gegensatz zum Tier (2Pt 2,12; Jud 1,10).

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[1] Als perspektivischer Tempus gibt das Perfekt an, dass in der Erzählung zurückgeschaut wird. Für die deutsche Übersetzung steht dafür das Plusquamperfekt zur Verfügung. Schneider, Grammatik S. 185.

[2] Ganz ähnlich ist das zum Beispiel in Josua 2,22 nicht: „Die Verfolger suchten sie …“, sondern: „Sie hatten sie gesucht.“

[3] Lennox, Tage S. 56

[4] MacArthur, Anfang S. 185

[5] Neuer, Mann und Frau S. 26

[6] Widenmeyer, Welt S. 78

Bernd
Sehr geehrter Herr Vanheiden, Ich bin heute zum ersten Mal hier auf einer ihrer Seiten, "zufällig" auf dieser zu 1 M 2,18ff. Gleich im zweiten Absatz Ihrer Erklärungen ganz oben finden sich folgende 2 Sätze: "Gott hatte also die Tiere zum Menschen gebracht, um zu beobachten wie er sich ihnen gegenüber verhalten würde. Er hatte ihm nicht befohlen, ihnen Namen zu geben, es aber offensichtlich erwartete." Meinen Sie hier eigentlich "[Gott] erwartete es aber offensichtlich." oder "es aber offensichtlich erwartet." ?
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Jörg
Ach, immer wenn es argumentativ wird werde ich aufgefordert den mir von Gott gegebenen Verstand nicht mehr zu gebrauchen ("Beobachtungen von Menschen und ihrer Deutung").
*Alles* Menschendenken ist Beobachtung und Deutung, selbstverständlich auch das was Sie schreiben... ...
Die "Hoffnung, dass man noch viel mehr entdecken könnte" ist nicht Fiktion, sondern durch Jahrhunderte (-tausende) Menscheitsgesch ichte mehr als begründet.
Darüberhinaus hat Gott die Schöpfung umfangreicher geschöpft als wir es ergründen können, und deshalb werden wir auch immer mehr Neues entdecken - das liegt in der Natur der Gottesschöpfung: Sie muss immer größer als unsere Erkenntnis sein (und ist es auch).
Gegenüber dem was Sie hier schreiben ist Ihre Bibelübersetzung erstaunlich gut, und ich werde sie weiterhin gelegentlich benutzen.
Aber das hier geht so von der Qualität der Argumentation her nicht.
Sie haben sich hier einfach vergaloppiert. Schade!

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Jörg
"Ein Tier folgt seinen angeborenen Instinkten und kann keinerlei Entscheidungen abwägen."
"Tiere können nur in begrenztem Umfang miteinander kommunizieren, indem sie Signale austauschen, zum Beispiel um Artgenossen zu warnen oder anzulocken."

Das ist inhaltlich nicht richtig.

Tiere können neugierig sein, sie verfolgen Ziele und entwickeln dazu Strategien, sie trauern, sie haben Vorlieben und Abneigungen die sich von Exemplar zu Exemplar unterscheiden, und vieles vieles mehr.
Die Kommunikation von Tieren (und Pflanzen!) ist so komplex dass wir gerade erst ansatzweise beginnen sie zu verstehen.
Soviel nur in aller Kürze.
Ich bin ja ganz bei Ihnen was die Sonderstellung des Menschen innerhalb der Schöpfung angeht, aber Ihre Argumentation geht in Teilen fehl.

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Karl-Heinz
Hallo Jörg,
was du von Tieren und Pflanzen schreibst beruht nur auf Beobachtungen von Menschen und ihrer Deutung und außerdem der Hoffnung, dass man noch viel mehr entdecken könnte. Es entkräftet nichts von dem, was ich oben geschrieben habe.

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