Vor-Wort

  1. Ohne Gottes Selbstoffenbarung ist keinerlei Gotteserkenntnis möglich.
  2. Gott offenbart sich in seinen Werken (allgemeine Offenbarung).
    1. In seiner Schöpfung
    2. In seinem Wirken in der Geschichte
    3. Im Gewissen der Menschen
  3. Gott offenbart sich durch sein Wort (spezielle Offenbarung).
    1. Er sprach Menschen im Lauf der Heilsgeschichte viele Male und auf vielfältige Weise an
      (fortschreitende Offenbarung).
    2. Aber am tiefsten und klarsten hat Gott sich und sein Wort in Jesus Christus offenbart.
    3. Immer wieder hat Gott Menschen angewiesen, seine Worte und Taten zu bewahren.
    4. Er lenkte auserwählte Menschen bei der Verschriftlichung dieser Worte und Taten
      (Inspiration).
    5. Er führte Menschen seines Volkes bei der Sammlung und Ordnung dieser Schriften
      (Kanonbildung).
    6. Er sorgte für den Erhalt dieser Offenbarung bis in die heutige Zeit
      (handschriftliche Kopien, Übersetzungen, Bibeldruck).

Ausgangspunkte jeder Theologie ist diese abgeschlossene Offenbarung Gottes in seinem Wort, der Bibel Alten und Neuen Testaments

  1. Das Wissen über Gottes allgemeine Offenbarung ist allen Menschen prinzipiell zugänglich und wird auch innerhalb der speziellen Offenbarung bestätigt (Röm 1,20; Ps 19,1-4; Mt 5,45). Aber nur bei wenigen Menschen führt das zur Anbetung Gottes (Röm 1,21).
  2. Das Wissen über Gottes spezielle Offenbarung erfahren wir von den Menschen, die Gott im Lauf der Geschichte bis zur Kanonbildung erwählt, inspiriert und geführt hat (Hebr 1,1-3; 2Pt 3,16-21; 2Tim 3,16-17) und von denen, die heute diese Botschaft im Namen Gottes und unseres Herrn Jesus Christus verkündigen (Röm 10,17).
  3. Die wichtigste und maßgebende Offenbarung Gottes ist also die ganze Bibel, die Heilige Schrift, wie sie uns in den Grundsprachen überliefert und in wissenschaftlichen Ausgaben vorliegt. Dieses Wortes Gottes, das lebt und in uns wirkt (Hebr 4,12), das seine Kraft auch in unseren Übersetzungen nicht verliert, ist uns Maßstab für Glauben, Denken und Leben. Denn es ist von Gottes Geist gegeben und von ihm erfüllt (2Tim 3,16-17).
  4. Wir betrachten die persönliche Verbindung mit Jesus Christus, dem Sohn Gottes, der selbst das Wort Gottes ist, als ebenso wichtig und maßgebend für unser Glauben, Denken und Leben (Joh 1,1-18; Gal 2,20).

Biblische Beobachtungen und Kultur

Als Kultur im weitesten Sinn verstehen wir alles, was der von Gott geschaffene und begabte, aber in Sünde gefallene Mensch erdenkt, erschafft und gestaltet, einschließlich seines Weltbilds und eines Systems von Regeln und Gewohnheiten, die sein Zusammenleben und Verhalten leiten.

Gottes Volk im Alten Bund

  1. Die Kultur Israels in der Anfangszeit wurde geprägt von den Überlieferungen ihrer Stammväter, den Einflüssen der Völker, unter denen sie lebten (Kanaan, Ägypten), und göttlichen Offenbarungen.
  2. Den größten Einfluss hatte die Offenbarung Gottes am Sinai und der von Gott gewährte einzigartige Bund mit dem Volk Israel, dokumentiert in der steinernen Urkunde der zehn Gebote und allen nachfolgenden offenbarten Bestimmungen während der Zeit der Wüstenwanderung, die von Mose einschließlich der Ereignisse dieser Zeit unter Gottes Führung niedergeschrieben wurden.
  3. Schwere Probleme entstanden immer dann, wenn Israel sich nicht an die Bestimmungen dieses Bundes hielt, wenn es heidnische Weltbilder mit dem eigenen Glauben vereinigen wollte (Apg 7,39-43) oder direkt Göttern der Nachbarvölkern diente – mit schlimmen Auswirkungen auf ihre Moral (4Mo 25,1-9; Offb 2,14).
  4. Deshalb sandte Gott immer wieder Propheten zu seinem Volk, die sie zu ihm und seinem Bund zurückführen sollten (Jer 35,15; 2Kön 17,13-18).

Folgerungen für Schriftauslegung und Kultur

  1. Die Schriften des Alten Bundes zeigen, dass Gott heidnische Einflüsse von Weltbild und Moral auf sein Volk hasst. Von daher ist es absurd anzunehmen, dass Israels Glaube als von heidnischen Religionen abgeleitet und Gottes schriftlich niedergelegtes Wort von daher erklärt werden kann.
  2. Dennoch ist der literarische Stil, den jeder der inspirierten Autoren für seinen biblischen Text verwendete, neben seiner Beziehung zu Gott immer auch mit seiner Persönlichkeit und der Kultur, in der er lebte, verbunden. Deshalb wird ein Bibeltext durch Kenntnis dieser Kultur verständlicher.
  3. Zwischen biblischer Lehre und den die Natur und Geschichte betreffenden Tatsachen erwarten wir Übereinstimmung unter Berücksichtigung der inspirierten literarischen Darstellungsformen (Prosa, Poesie, Bildrede, Bericht, Brief usw.).

Gottes Volk im Neuen Bund

Die Schriften des Neuen Testaments stellen uns ein neues Handeln Gottes mit den Menschen durch Jesus Christus vor. Es ist das Evangelium, die außerordentlich gute Botschaft, die uns zu Jesus Christus bringt, uns dauerhaft mit ihm verbindet und uns eine herrliche ewige Zukunft bei ihm garantiert. Durch sein Sühnopfer wurde er der Vermittler des Neuen Bundes (Heb 1,1-3; 12,24). Sein Opfer ersetzte alle Zeremonialgesetze und Tieropfer.

  1. Durch die Lehren des Neuen Testaments änderten sich für jüdische Christen viele gewohnte Rituale, die Bedeutung des Tempels und der Priesterschaft.
  2. Für Christen aus dem Heidentum führte das NT zur Ablehnung jedes Götzendienstes und allen dazugehörender Rituale. Durch die Ausrichtung auf Christus änderten sich auch ihre moralischen Grundlagen.
  3. Christen lebten und praktizierten ihren Glauben in verschiedenen Kulturen. Manchmal wurden Kulturen durch das vorbildliche Leben von Christen zum Guten hin veränderten.
  4. Christen ordneten sich staatlichen Autoritäten unter (Röm 13,1-7; 1Pt 2,11-17), solange diese sich nicht gegen Gott stellten (Apg 5,29).

Folgerungen für Schriftauslegung und Kultur

  1. Die Lehren des Neuen Testaments können in allen Kulturen und Völkern dieser Welt praktiziert werden. Äußere Formen mögen sich dabei verändern, ihre Inhalte aber nicht.
  2. Gottes Weisungen konnten sich mit Elementen einer vergangenen Kultur verbinden. Das diente zur Veranschaulichung einer Weisung oder führte zu einem geforderten Ritual mit neuem Inhalt (Taufe, Abendmahl) oder war ein bleibendes Gebot.
  3. Veranschaulichte Weisungen (Zeichenhandlungen, Bilder, Vergleiche, Gleichnisse) waren häufig kulturbedingt und können sich in einer anderen Kultur verändern. Der dahinterstehende biblisch-geistliche Inhalt bleibt aber in jedem Fall erhalten (z.B. bei Fußwaschung, Bruderkuss, Gebetshaltung).
  4. Die ganze Bibel enthält Lehren und Forderungen, die auf alle Kulturen und Situationen anzuwenden sind, und andere Forderungen, von denen die Bibel selbst deutlich macht, dass sie nur auf bestimmte Situationen zutreffen.
  5. Niemals ändern sich von Gott offenbarte Wahrheiten in Wort und Tat durch eine von Menschen veränderte Kultur und Moral (z.B. im Sexualverhalten, im biologischen Geschlecht, in der Ehe zwischen einem Mann und einer Frau).
  6. Niemals haben Erkenntnisse aus einer Kultur einen höheren Stellenwert als Gottes abgeschlossene Offenbarung in ihrem jeweiligen Zusammenhang.

 

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