Vorwort1. Mose 2, 4-6: Es folgt die Detailgeschichte der Erschaffung von Himmel und Erde: Als Jahwe-Gott* Himmel und Erde machte, 5 gab es zunächst weder Sträucher noch Feldpflanzen auf dem Erdboden, denn Jahwe-Gott hatte es noch nicht regnen lassen. Es gab auch noch keinen Menschen, der das Land bearbeiten konnte. 6 Wasser stieg aus der Erde auf und befeuchtete den ganzen Erdboden.

Einzelheiten zum dritten Schöpfungstag

Gottes Wort berichtet uns jetzt einige weitere Einzelheiten, die den Bericht von Kapitel 1 ergänzen. Und zwar richtet sich der Focus jetzt auf den Menschen, der das Land einmal bearbeiten soll. Aber bevor Gott an diesem Tag zum zweiten Mal sprach, gab es noch keine Sträucher und Feldpflanzen und auch der Mensch war noch nicht da.

Zum Pflanzenwuchs des dritten Tages gehörte allerdings die entsprechende Bewässerung. Sie war durch das Wasser gegeben, das in der Erde aufstieg. Das heißt, der primäre Wasserkreislauf wurde von Gott schon in Gang gesetzt.

Lesen Sie bitte möglichst sorgfältig! Je nach der von Ihnen verwendeten Übersetzung werden Sie vielleicht auf einige scheinbare Ungereimtheiten stoßen. Das beginnt schon mit Vers 4. In manchen Bibelübersetzungen hat man diesen Vers durch eine neue Überschrift geteilt und den ersten Teil als einen zweiten Schlusssatz nach Vers 3 angehängt.[1] Was zunächst ganz harmlos erscheint, ist jedoch ein schwerwiegendes Missverständnis. Es kommt von daher, dass viele Theologen das zweite Kapitel ab Vers 4b als einen zweiten Schöpfungsbericht ansehen, der angeblich von einem anderen Verfasser stammt. Das hat erhebliche Folgen. Deshalb müssen wir uns kurz mit der Frage der Literaturkritik befassen.

Literaturkritik an Mose

Ausgangspunkt aller Untersuchungen ist der biblische Text, wie er uns in Tausenden von Handschriften in hebräischer, aramäischer und griechischer Sprache überliefert wurde. Diese Handschriften wurden von Textforschern sorgfältig verglichen und zu zuverlässigen Grundtexten zusammengestellt. Diese wiederum sind die Grundlage für jede Bibelübersetzung und Bibelwissenschaft.

Das erste, was ein Bibellehrer zur Kenntnis nehmen muss, ist das, was diese Texte über sich selbst aussagen. Das ist auch – was die Mosebücher betrifft – etwa 3000 Jahre lang so geschehen. Alte jüdische Schriften, das ganze Neue Testament und die Jahrhunderte der Kirchengeschichte geben Zeugnis davon.

Wie alles zusammengehört

Der Bericht
1. Mose 1,1-2,3

Darstellung im Detail
1. Mose 2,4-25

Erschaffung des Kosmos

Einrichtung des Gartens

Panoramaaufnahme

Großaufnahme

Universum

Mensch

Anfang der Natur

Anfang der Geschichte

Allmacht Gottes

Nähe Gottes

Voraussetzung für Kapitel 2

Voraussetzung für Kapitel 3

Aber seit etwa 200 Jahren wollten viele Wissenschaftler das Selbstzeugnis der Bibel über ihre Verfasserschaft nicht mehr akzeptieren und unterstellten, dass diese Bücher erst in sehr viel späterer Zeit – etwa 800 Jahre nach Mose – von Redaktoren zusammengestellt worden seien. Diese hätten mindestens vier ältere Schriften miteinander kombiniert. Dadurch hätten sie ein sagenhaftes Bild der Urzeit entworfen, das „ohne Anspruch auf buchstäbliche ‚Richtigkeit‘, aus einem Grundverständnis von Gott und Mensch heraus, die Voraussetzungen aller Geschichte aufdeckt“[2]

Zunächst hätte es einen Jahwisten (J) gegeben, der vom Schöpfungsbericht an den Namen Jahwe verwende und den Elohisten (E), der Gott mit dem Namen Elohim bezeichne. Nach dem Fall des Nordreichs (722 v.Chr.) seien beide Schriften miteinander verschmolzen worden (JE). Mehr als 100 Jahre später seien das Deuteronomium (D), d.h. das 5. Buch Mose, und die Priesterschrift (P) dazugekommen. Nach dem babylonischen Exil (also nach 536 v.Chr.) sei alles zu einem Sammelwerk verbunden worden (JEDP).

All diese Annahmen schließen bibelkritische Theologen aus bestimmten Beobachtungen, die sich aber alle auch ganz anders deuten lassen. Sie folgern aus unterschiedlichen Gottesnamen, aus verschiedenen hebräischen Bezeichnungen für dieselbe Sache, aus ähnlichen Geschichten und Texten und aus angeblich verschiedenen „Theologien“ auf verschiedene Verfasser. Das alles verfestigen sie in Theorien, die inzwischen für viele von ihnen so sicher sind, dass sie als „Tatsache“ gelten. Es ist bemerkenswert, was die Jerusalemer Bibel in diesem Zusammenhang schreibt:

„Diese Literarkritik war mit einem evolutionistischen Verständnis der religiösen Vorstellungen Israels verbunden.“[3] Die Grundidee der Evolution ist also längst von Theologen aufgenommen worden, freilich nur von bibelkritischen. In diesem Zusammenhang wird ein wichtiges Wort in 1. Mose 2,4 häufig umgedeutet.

Die Toledot-Formel

Toledot im 1. Buch Mose ist immer Überschrift

1Mo 5,1: Es folgt das Verzeichnis der Nachkommen Adams. Als Gott den Menschen schuf, gestaltete er ihn nach seinem Abbild

1Mo 6,9: Geschichte Noahs. Noah war ein gerechter Mann.

1Mo 10,1: Es folgt das Verzeichnis der Nach-kommen von Sem, Ham und Jafet, den Söhnen Noahs, deren Söhne aber erst nach der großen Flut geboren wurden.

1Mo 11,10: Es folgt das Verzeichnis der Nachkommen Sems: Zwei Jahre nach der Flut wurde Sem der Vater von Arpachschad.

1Mo 11,27: Es folgt das Verzeichnis der Nachkommen Terachs.

Der Schluss-Satz unter dem Sechstagewerk steht schon in Vers 1. Dann folgt der Ruhetag Gottes. Vers 3 beschreibt den Abschluss der ganzen Schöpfung. Vers 4 beginnt mit einem Satz, den manche nun als Unterschrift verstehen wollen: „Dies ist die Entstehungsgeschichte von Himmel und Erde …“

Das Wort für Entstehungsgeschichte, hebräisch toledot bedeutet aber Weiterentwicklung aus Vorhandenem, es zeigt, wie die Geschichte weitergeht (oder nennt weitere Einzelheiten). Es handelt sich hier also nicht um die Nahtstelle zu einem zweiten Schöpfungsbericht.[4] Toledot wird immer als Überschrift gebraucht und kommt zehnmal in wichtigen Abschnitten des ersten Buches Mose vor. Deshalb habe ich es hier so übersetzt: „Es folgt die Detailgeschichte der Erschaffung von Himmel und Erde“. Im obenstehenden Kasten finden Sie die nächsten fünf Vorkommen dieses Begriffs im 1. Buch Mose.[5]

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[1] So zum Beispiel in der Lutherbibel von 1984, der Zürcher Bibel, in der Einheitsübersetzung, der Gute-Nachricht-Bibel, der Hoffnung-für-alle und leider auch in der revidierten Elberfelder Bibel. Anders dagegen die Lutherbibel von 1912, die nichtrevidierte Elberfelder, die Hückeswagener Elberfelder, die „NeueLuther“, die Schlachter, die Schlachter 2000 und natürlich die NeÜ bibel.heute.

[2] Stuttgarter Erklärungsbibel S. 7.

[3] Jerusalemer Bibel: Einleitung zum Pentateuch S. 5.

[4] Wenn dies ein unabhängiger Bericht gewesen wäre, würden ihm viele Elemente der Schöpfung fehlen, zum Beispiel die Himmelskörper.

[5] Die anderen stehen 1Mo 25,12.19; 36,1; 37,2

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