Was Gottes Wort verdirbt, ist normalerweise nicht die Übersetzung, sondern das Eintragen von Bibelkritik oder sektiererische Lehren. 

Das geschieht manchmal sogar direkt in den Text, meist aber in die Anmerkungen, Einleitungen oder Erklärungen.

Vor einigen Jahren bekam ich es mit einem Christen zu tun, der mich mit großem Eifer über die richtige Art von Bibelübersetzung und den richtigen biblischen Grundtext belehren wollte. Als ich zurückfragte, stellte sich heraus, dass er keine einzige Fremdsprache beherrschte, nicht einmal Englisch. Er hatte also noch nie einen einzigen Vers der Bibel aus dem Hebräischen, Aramäischen oder Griechischen ins Deutsche übersetzt. Und hatte auch sonst keine Ahnung davon, wie man eine Aussage in eine fremde Sprache transportiert.

Auf der anderen Seite gibt es gelehrte Übersetzer, die alle drei biblischen Grundsprachen exzellent beherrschen und darüber hinaus noch andere orientalische Sprachen aus dem Umfeld der Bibel, aber eine kritische Einstellung zur Tatsächlichkeit der biblischen Geschehnisse an den Tag legen und es als einen großen Fehler ansehen, die Bibel für Gottes Wort zu halten. Kann ein solcher Fachmann überhaupt eine gute Bibelübersetzung anfertigen?

Wichtiger aber ist für jeden Christen, der die biblischen Ursprachen nicht wie seine Muttersprache beherrscht, welche der beinahe 100 deutschen Übersetzungen er vertrauen kann. Gewöhnlich hält man ja die Übersetzung für das Maß aller Dinge, mit der man aufgewachsen ist. Das ist in Deutschland meist die Lutherbibel oder die Elberfelder Übersetzung. Von der gewohnten Übersetzung ausgehend beurteilt man dann die anderen. Dazu kommt noch, dass man mit der Übersetzung einzelner Bibelverse bestimmte Lehrinhalte verbindet und aus diesem Grund (meist unbewusst) andere Übersetzungen ablehnt, wenn sie diesen Inhalt in einem bestimmten Vers nicht nahelegen.

Ich schlage vor, zunächst einmal die Bibel selbst nach Übersetzungen zu fragen und dem, was sie über das rechte Lesen und Hören von Gottes Wort sagt. Schon daraus werden wir einige Erkenntnisse über Bibelübersetzungen gewinnen, die uns vielleicht vor allzu schnellen Urteilen bewahren können und uns Eckpunkte für eine hilfreiche Beurteilung von Übersetzungen bieten.

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