Unser Gebet bewegt Gott nicht dazu, etwas zu tun, was er nicht tun will ...
Unser Gebet ist der Weg, auf dem er unsere Prioritäten mit den seinen deckungsgleich macht.

John Piper, Hallowed Be Thy Name

 Ist das wahr und richtig? Auf eure Kommentare bin ich gespannt.

Quelle: W. Lee Warren: Entscheidungen an der Schwelle des Todes. Ein Gehirnchirurg zwischen Glaube, Zweifel und Hoffnung. S. 175

Ein ähnliches Zitat fand ich im Kommentar von William Barclay: Briefe es Johannes, der es wiederum aus einem englischen Kommentar zitiert hatte.

Richtig verstandenes Gebet heißt nicht, die Mittel des Allmächtigen zur Erfüllung unserer Wünsche beanspruchen. Sondern das richtig verstandene Gebet ist ein Mittel, unsere Wünsche dem Geist Gottes anzupassen und zu Kanälen seines allmächtigen Willens zu machen.

Gewiss, das sind keine Zitate aus der Bibel. Deshalb die Frage:
Steht das nicht im Gegensatz zu anderen Schriftstellen, nach denen wir praktisch alles erbitten dürfen?

Dürfen wir als seine Kinder unseren Vater im Himmel nicht um alles bitten, was wir brauchen? Dürfen wir ihn denn nicht in jeder Not anflehen? Wenn wir die Psalmen lesen, gibt es eine Fülle von Bitten. Und steht nicht auch geschrieben:

Mt 6,7-8  Beim Beten sollt ihr nicht plappern wie die Menschen, die Gott nicht kennen. Sie denken, dass sie erhört werden, wenn sie viele Worte machen. Macht es nicht wie sie! Denn euer Vater weiß ja, was ihr braucht, noch bevor ihr ihn bittet. NeÜ

 Es ist schon klar, dass Gott längst weiß, was wir brauchen. Trotzdem möchte er offensichtlich, dass wir beten. Und gibt es nicht doch bedingungslose Verheißungen für das Gebet?

Mt 7,7-8  Bittet, und Gott wird euch geben; sucht, und er lässt euch finden; klopft an, und er öffnet die Tür! Denn wer bittet, empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem öffnet er. NeÜ
Mt 18,19 Und auch das versichere ich euch: Wenn zwei von euch hier auf der Erde eins werden über irgendeine Sache, die sie erbitten wollen, dann wird sie ihnen von meinem Vater im Himmel gegeben werden. NeÜ
Joh 15,7 Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann könnt ihr bitten, um was ihr wollt: Ihr werdet es bekommen. NeÜ

Was ist, wenn Gott unsere Gebete nicht erhört? Stellt Gott Bedingungen für unser Beten? Oder darf man einfach losplappern?

Was denkst du darüber? Ich freue mich über Kommentare und Diskussion.

 

Micha
Ich sehe darin keinen dualistischen Widerspruch. Ich kann mich in allen meinen Anliegen und Wünschen an Gott wenden und ihn bitten. Gleichzeitig hat er die Freiheit danach zu handeln, wie er es für angemessen hält. Mal wird mein Gebet erfüllt und mal mein Wille seinem Willen ähnlicher und mal weiß ich nicht, ob & was geschah – ich muss lernen darauf vertrauen, dass er gut und Liebe ist.

Eins meiner liebsten Gebete entstammt Lukas 11,1: „Lehre mich beten!“ Und ich verstehe es u.a. in der Hinsicht, dass mein Wille seinem ähnlicher wird. Ich gehe davon aus, dass nicht alles, was mein ureigenster Wille ist, wirklich gut ist (oder gut für mich ist). Wer weiß, vielleicht habe ich Gott als Kind gebeten, dass ich mein Leben lang nur noch Pfannkuchen mit Nutella essen muss.

Lukas 9,51-56 zeigt das Gebet nach Jesu Willen in Aktion: „Herr, sollen wir befehlen, dass Feuer vom Himmel fällt und sie vernichtet?“ Sie sollten nicht und Jesus konnte sie prägen und ihnen seinen Weg aufzeigen.

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Tamara Schüppel
Wenn Gott den Menschen als sein Gegenüber schuf – im Gegensatz zu einer Marionette! – dann wollte er natürlich nicht nur hören, was er selbst bereits vorhat. Und in diesem Sinn dürfen wir tatsächlich mitgestalten: Mose bewegte Gott offen-sichtlich, seinen Vorsatz zu ändern (vgl. Exodus 32,9-14!) Lt. Römer 8,26-27 hilft uns der Heilige Geist beim Beten. Er muss sicher manches übersetzen, weil wir gar nicht den Überblick haben, was in einer Situation wirklich gut wäre. Kann sein, wir verstehen gar nicht, dass diese oder jene Sache eigentlich eine geniale Erhörung unseres Gebetes war – mit einer göttlichen Optimierung unseres ursprünglichen Wunsches! Angst vor einer ‚unguten Gebetserhörung‘ ist daher nicht nötig.

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Uwe
Ich denke nicht, dass unser Gebet, bewirkt, dass Er etwas tut, das Er nicht will. Wir werden erhört, wenn wir etwas in Seinem Namen bitten. Also Ihm entsprechend, es ist ja nicht als Schlussformel des Gebets gemeint. Und ja, es ist eine Einschränkung, aber eine, die hilft, dass meine gut gemeinten Gebete keinen Schaden anrichten, denn Er hat den Überblick.

Wir dürfen Ihm alles bringen. Eine vertrauensvolle Beziehung (das meint das NT mit "Glauben") kommt dadurch zum Ausdruck. Auch wenn unser Anliegen Ihm nicht entspricht und unsere Wünsche bleiben.

Es gibt auch Verheißungen betreffs Gebet, die keine Einschränkung zu haben scheinen. Die Erfahrung zeigt, dass es nicht so läuft, dass Er alles tut, worum wir im Vertrauen zu Ihm bitten.

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Karl-Heinz
Vielleicht will Gott uns ja durch "Nichterhörungen" beibringen, uns immer mehr an seinem Willen zu orientieren. Schließlich beten wir ja auch im Vaterunser - falls wir das überhaupt beten - "Dein Wille geschehe!" Der soll im Himmel und auf der Erde geschehen, also auch in meinem Leben - oder etwa nicht?
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Thomas
Für mich stellt sich eine ziemlich direkte Frage: Interpretiert man Johns und Williams Aussagen direkt und absolut, würde dies bedeuten, dass unser Wille völlig bedeutungslos ist. Wenn es nur darum geht unseren Willen Gottes Willen anzupassen, sind wir nicht mehr von einer Marionette entfernt. Dann stellt sich zwangsläufig die Frage: Wozu überhaupt ein eigener Wille?

Dem stehen mehrere Beispiele der Schrift gegenüber, die uns zeigen, dass wir - wie Kinder - zu unserem himmlischen Vater kommen sollen, um unsere Anliegen vorzutragen - IHM hinzulegen. Ich kann mir kein Kind auf dieser Welt vorstellen, dass immerzu damit beschäftigt wäre, den eigenen Willen, respektive die eigenen Wünsche, stets zu ignorieren und letztlich nur das zu wollen, das ich - als Vater - will. Erscheint absurd. Warum sollte es mit Gott anders sein, der sich als liebender, gnädiger Vater mit offenen Armen darstellt? Damit degradieren wir Gott keinesfalls und sprechen ihm auch seine Souveränität nicht ab.

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Karl-Heinz
Fakt ist, dass beides in der Bibel steht: 1. Jeder darf jederzeit zu Gott beten und Gott verspricht zu helfen. 2. Das Bittgebet nach Gottes Willen wird immer erhört und der Beter erfährt die Bestätigung schon vor der eigentlichen Erhörung.
Ich soll ja auch beten: Dein Wille geschehe. Wenn ich mich danach ausrichte, heißt das noch lange nicht, dass ich eine Marionette Gottes werde. Ich behalte meinen Willen trotzdem. Aber ich lerne oder Gott erzieht mich durch nichterhörte Gebete dazu, seinem Willen immer besser zu erkennen.
Beides ist wahr und muss micht nicht verunsichern beim Gebet.

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Elishama
Ich muss da an Eliah denken, habe mich immer gefragt, ob Gott diese Trockenheit nicht geschickt hätte, wenn Elijah sie nicht erbeten hätte...

"Bekennt also einander die Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet. Das Gebet eines Gerechten ist wirksam und vermag viel. Elija war genauso ein Mensch wie wir. Als er einmal dringend betete, dass es nicht regnen solle, da regnete es dreieinhalb Jahre lang nicht mehr im Land. Er betete noch einmal, da schenkte der Himmel Regen, und die Erde brachte ihre Frucht.” Jakobus 5,16-18

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Karl-Heinz
Die Frage bleibt: Bewegte Elijas Gebet Gott, etwas zu tun, was er nicht wollte? Gott hatte den Israeliten ja schon lange angedroht, solches zu tun, wenn sie ihn verließen und anderen Göttern dienten (5Mo 11,16-17; 28,23-24). Elija betete also durchaus in Gottes Sinn und er war auch zum Kampf gegen den Baalkult im Nordreich Israel berufen worden. Er handelte also in Gottes Auftrag und war der sichtbare Repräsentant Gottes in Israel. Sein Name bedeutet "Jahwe ist Gott" und "er stand vor Gott" 1Kö 17,1
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